Die Kurzsichtigkeit des Geschreies vom Klimawandel

Von Gerulf Stix

Die Erderwärmung auf + 1,5 Grad Celsius halten zu wollen, grenzt an Vermessenheit. Insofern ist das so genannte Pariser Abkommen eine bloße Absichtserklärung. Auch das im November in Glasgow stattgefundene Klimatreffen der Staaten (u. a. ohne die Präsidenten von Brasilien, China und Russland) brachte fast nur „hehre Worte“. Die USA und China haben wenigstens eine grundsätzliche Zusammenarbeit in Klimafragen paktiert. Dass es gegenwärtig auf der Erde allmählich wärmer wird und somit ein allmählich bemerkbarer Klimawandel stattfindet, ist schwer wegzuleugnen. Andrerseits findet Klimawandel seit dem Entstehen des Planeten Erde ständig statt. Unbestritten sei dabei, dass diese Änderung des Klimas sich in sehr, sehr langen Zeiträumen ereignete – zum Teil in Millionen von Jahren. Aber – und das zu betonen ist wichtig – auch in geschichtlicher Zeit hat sich das Klima auf natürliche Weise verändert. So gab es zum Beispiel zur Lebenszeit des „Ötzi“, also vor rund 5.000 Jahren, keine Gletscher. Die gesamten Alpen waren eisfrei! Kommt das nicht irgendwie bekannt vor? Die Sahara, heute als Wüste bekannt, war dereinst die Kornkammer des Römischen Weltreiches. Die Völkerwanderung in Europa wurde durch Klimaverschlechterungen im Ostseeraum ausgelöst. In der Hochblüte des Mittelalters herrschte in Europa eine Warmzeit. Hingegen gab es in Europa zwischen 1600–1750 eine „Kleine Eiszeit“[1], die die gewohnten Ernten und dadurch die eingespielten Handelswege völlig durcheinander brachte und die damaligen Menschen sehr hart traf. Jetzt leben wir in einer der häufigen Warmzeiten. Den kommenden Generationen bleibt grundsätzlich kaum etwas anderes übrig, als sich dieser Entwicklung anzupassen – unter Einsatz aller verfügbaren Hilfsmittel. Genau das haben die Menschen, von der Evolution dafür hervorragend ausgestattet, seit jeher so gemacht, und zwar mit großem Erfolg.

Trotzdem gibt es in diesem ständigen Klimawandel ein neues Element. Es trägt nämlich der Mensch in zunehmendem Ausmaß seinen Teil zur Klimaänderung bei. Abgesehen von den wenigen frühen Menschen, die sich durch Gebrauch des Feuers, größere Rodungen und beginnende Landbewirtschaftung, anfänglich vernachlässigbar, am allgemeinen Klimawandel beteiligten, wurde in den letzten Jahrhunderten infolge der wachsenden technischen Macht der Menschheit ihr Anteil daran immer größer. Durch die moderne Industrialisierung auf Basis explodierender Naturwissenschaften und Technik in den letzten 200–300 Jahren wurde der menschliche Anteil am Klimawandel ganz besonders groß. Die massenweise Verbrennung von Kohle, Erdöl und Erdgas ist tatsächlich neu. Es wurden die ganze Erde, alle Meere und der Himmel „in Betrieb genommen“. Nicht zu vergessen die unfassbaren Mengen an verschleudertem Material und Energie infolge der früheren und gegenwärtigen Kriege seit der Industrialisierung des Kriegswesens. Seit Kurzem betrachtet der Mensch „seinen“ blauen Planeten vom erdnahen Weltraum aus und beginnt, sich über Mond und Mars in den Weltraum vorzutasten.

Parallel dazu ist die Menschheit von einigen hundert Millionen Exemplaren, und zwar noch bis in die beginnende Neuzeit hinein, auf derzeit bald 9.000 Millionen angewachsen. Von „nur“ rund 1 Milliarde Menschen bis zur heutigen Anzahl von bald 9 Milliarden Menschen dauerte es nur gut 200 Jahre! Ohne diese sprunghafte Vermehrung binnen kürzester Zeit wäre der „menschengemachte Klimawandel“ wahrscheinlich kein Thema. Nur vorsorglich sei hinzugefügt, dass ganz Europa derzeit durch leider nachhaltige Kinderarmut autochthon schrumpft. Hingegen explodieren geradezu die Bevölkerungszahlen in Afrika.[2]

Die Viren bescheren uns globale Pandemien

Viren sind ungefähr hundertmal kleiner als Bakterien. Sogar letztere wurden erst in der Mitte des 19. Jahrhunderts entdeckt. Dass wir Viren überhaupt „sehen“ und uns mittels mRNA dagegen impfen können, verdanken wir modernster Wissenschaft. Denn erst wenige Jahre vor der Jahrtausendwende 2000 wurde das menschliche Genom als solches entschlüsselt. Doch schon heute ist „Gentechnik“ ein geläufiger Begriff. Gentechnik macht in atemberaubender Geschwindigkeit riesige Fortschritte. Andererseits öffnet die Globalisierung dank dem Massentourismus nun den Viren die ganze Erde, um sich in Pandemien so richtig austoben zu können. So erleben wir die Zweischneidigkeit des Fortschritts.

Das alttestamentarische Gebot „Macht euch die Erde untertan!“ ist für den modernen Menschen praktisch zu einem Fluch geworden. Aus der Evolution hervorgegangen und für diese bestens ausgestattet, hat der Mensch mit seinen Fähigkeiten nicht bloß die ganze Welt erobert, sondern sie auch mit allem Drum und Dran für seine egoistischen Zwecke, die angeboren sind, umgestaltet. Jetzt stehen wir vor der Tatsache, dass wir uns vielleicht sogar den Ast absägen, auf dem wir sitzen. Da sei an das alte politische Wissen angeknüpft, wonach derjenige, der die Macht besitzt, unweigerlich mit der Machtfülle auch die Verantwortung übernehmen muss. Wir müssen erkennen, dass wir für das Schicksal des Planeten Erde nolens volens eine Mitverantwortung übernommen haben. Eine Mit-Verantwortung freilich nur deswegen, weil die planetarische Natur trotz der unerwartet mächtig gewordenen Menschheit ihren eigenen Gesetzmäßigkeiten frönt. Es gilt nun, beides zu beachten: den natürlichen Klimawandel und unsere Mitverantwortung für einen lebensfreundlichen Globus. Machbewusstsein darf nicht zum Allmachtrausch werden. Augenmaß ist gefragt. Trotz der technischen Machtfülle sind die Möglichkeiten des Menschen im Vergleich zu den Naturgewalten aber beschränkt. La Palma lässt grüßen.

Die Kurzsichtigkeit der lauten Schreier

Während sich der Mainstream auf den „menschgemachten Klimawandel“ stürzt, geht der natürliche Klimawandel seinen eben nicht-menschengemachten Wandel stur weiter. Laufend stattfindende Vulkanausbrüche und Erdbeben, die die Fortsetzung der Plattentektonik anzeigen, sind unübersehbare Anzeichen dafür. Hinzu kommen Veränderungen der Strömungen im Wasser (u. a. wird der Golfstrom allmählich schwächer) und in der Atmosphäre (Jetstream, andere Winde). Wissenschaftlich fällt es schwer, die Grenze zwischen natürlichem und menschgemachtem Klimawandel zu ziehen. Vorsichtigerweise sollte der menschliche Anteil am Klimawandel hoch veranschlagt werden. Das vor allem hinsichtlich der Rodung und Bewirtschaftung der meisten Wälder („Artensterben“) und der Inbetriebnahme des Luft- wie des erdnahen Weltraums. Letzteres ist wirklich nur der allerjüngsten Industrialisierung (und den Weltkriegen) zuzuschreiben!

Der Aufschrei jener, die den Klimawandel nur dem Menschen zuschreiben, und ihr Verlangen nach sofortiger Änderung unserer Lebensweise, ist an Kurzsichtigkeit schwer zu überbieten. Jede Art von Umstellung unserer äußerst komplexen Lebensweise quasi „auf Knopfdruck“ ist unmöglich und daher zum Scheitern verurteilt. Genau dieses Scheitern müsste freilich vermieden werden, weil jedes Scheitern hochfliegender Pläne unweigerlich mit einer riesigen Enttäuschung verbunden ist. Diese Enttäuschung können wir nicht gebrauchen, weil wir nämlich für die unvermeidlich langsame Umstellung unserer Lebensweise sehr, sehr viel Geduld brauchen werden. Fernziel muss eine möglichst vollständige Kreislaufwirtschaft sein. Für diese benötigen wir eine Änderung unseres Konsumverhaltens, die Rücknahme der schier hemmungslosen Ausbeutung der Ressourcen – besonders bei langfristig erschöpfbaren Ressourcen – und dazu noch viele, viele Innovationen bei äußerst komplexen Herstellungsprozessen. Es ist schlicht und einfach unmöglich, diese gesellschaftliche Gesamtumstellung – noch dazu global – innerhalb von zehn oder zwanzig oder dreißig Jahren zu schaffen. Hierfür braucht es mehrere Generationen! Am wenigstens geeignet ist eine Menge an staatlichen Verboten. Es reicht, wenn die Staaten einige klare Regeln als Rahmenbedingungen erlassen. Das FCKW-Verbot ist diesbezüglich ein gutes Beispiel. Abzulehnen hingegen sind die bürokratischen, meist „planwirtschaftlichen“ Eingriffe einer fachlich überforderten Beamtenschaft in theoretisch alle Bereiche unseres Daseins. Das beweist die chaotische Regulierungssucht allein bei der relativ eingeschränkten Corona-Pandemie. Die grassierende Staatsgläubigkeit und der in sämtlichen Bereichen gesellschaftspolitisch an Boden gewinnende Sozialismus – „Gleichheit und Wohlstand für alle“, was populär klingt und daher mehrheitsfähig ist, aber kaum der Wahrheit dient – beunruhigen zutiefst. Das auch geschichtlich belegte Scheitern beider Denkschulen ist angesichts der überaus komplexen Gesamtlage für die Zukunft vorprogrammiert. Auch Rot-China wird das erleben. Vor einem Hineintappen in diese Sackgasse kann nur dringend gewarnt werden. Kurzsichtigkeit, Einseitigkeit und der laut beklatschte Wunsch, „sofort etwas tun zu wollen“, führen ganz im Gegensatz zum angestrebten Ziel schnurstracks in eine Sackgasse. Der jüngste UN-Klimagipfel in Glasgow beweist das eindrücklich. Wiederum ist dringend Augenmaß gefragt.

Atomkraftwerke sind ungeeignet

Ein Beispiel für völlige Kurzsichtigkeit ist die überall zu beobachtende Renaissance der Atomenergie. Nur weil es richtig ist, dass große Atomkraftwerke wirklich kein CO2 ausstoßen und weil sich praktisch alle Welt auf den leicht steigenden CO2-Gehalt in der Luft als den Hauptfeind beim Klimawandel stürzt, soll die Atomenergie plötzlich als „grüne Energie“ gelten. Dabei bleibt völlig außer Betracht, dass mit der großtechnischen Nutzung der Atomenergie gewaltige Mengen von Radioaktivität produziert werden. Radioaktivität ist wesentlich langlebiger als CO2 und für den Menschen um vieles gefährlicher, weil schleichend tödlich. Nach derzeitigem Wissensstand kann man gegen Radioaktivität nichts machen, außer sie für mehrere tausend Jahre verlässlich einzusperren. Jetzt erst wurde mit dem Bau eines Endlagers in ca. 500 Meter Tiefe im finnischen Gneis begonnen. Die Zwischenlager des radioaktiven Materials in der ganzen Welt quellen dagegen über. Die atombegeisterten Techniker – die physikalische Energiefreisetzung der Kernspaltung ist tatsächlich enorm – verschließen die Augen vor dem bis dato unvermeidlichen Begleitrisiko radioaktiven Zerfallmaterials (Alpha-, Beta- und Gammastrahlung).[3]

Angesichts der ungelösten Probleme rund um die Radioaktivität ist Atomenergie sicherlich keine „grüne Energie“. Da kann die Atom-Lobby , hinter der sehr viel Geld und die gesamte Atomwaffenindustrie steht, noch so viel auf ihren CO2-freien Strom pochen, das Grünwaschen der Atomenergie darf angesichts der mit ihr verbundenen Riesengefahr der langlebigen Radioaktivität nicht gelingen.

Frankreich bietet ein administratives Beispiel für die Folgen von Planwirtschaft und Atombewaffnung. Weil die Elektricitité de France verstaatlicht und Frankreich eine Atommacht ist, wurde von oben herab schon vor Jahrzehnten voll und ganz auf die Atomenergie gesetzt. Präsident Macon hat jüngst erst eine vom Parlament vorsichtig vorgenommene halbe Kehrtwende zurückgenommen. Aus dieser atomaren Sackgasse wird Frankreich auf absehbare Zeit nicht herauskommen. Wie es überhaupt schwierig ist, aus einer Sackgasse, in die man lange Zeit hineingefahren ist, wieder herauszukommen. Aber eines (fernen?) Tages muss Frankreich den Rückzug aus der Atomenergie antreten. Der Preis dafür wird fürchterlich sein. Schade um die Grande Nation. Das gilt sinngemäß auch für England, wo Premierminister Johnson neue Atomwerke bauen will. Die neuen kleineren AKWs, von denen ständig geredet wird, gibt es noch nicht. Sie stehen auf dem Papier. Doch auch diese lösen nicht das große Problem der Radioaktivität. Man kann vorerst nur auf neue Forschungsergebnisse in der Zukunft hoffen.

Energie allgemein

Vom global insgesamt erzeugten elektrischen Strom macht die Atomenergie derzeit lediglich rund 10 % aus. Das ist wenig. Selbst ihre Verdoppelung – praktisch kaum vorstellbar angesichts der extrem langen Bauzeiten – innerhalb von ungefähr 10 Jahren würde der ständig steigenden Strombedarf (E-Autos!) von 2–5 % jährlich diesen Prozentsatz sogar noch relativieren. Im Hinblick auf die parallel von den AKW produzierte Menge an Radioaktivität bleibt selbst die fragwürdige Hoffnung, mittels der Atomenergie die Klimakrise besiegen zu können, unverständlich.

Aber auch die Menge des elektrischen Stromes insgesamt ohne Berücksichtigung seiner Erzeugungsmethoden macht nur weniger als ein Viertel (!) der total verwendeten Energiemenge aus! Bleibt also nur, wenn man die fossilen Energieträger ausschalten will, auf den rasanten Ausbau der erneuerbaren Energien (EE) Sonne, Wind, Wasser, Welle und Biomaterialien zu setzen, obwohl dadurch nicht das Energieproblem als solches gelöst wird. Natürlich macht die Volatilität der EE die Stromnetze unsicher. Eine der Widersprüchlichkeiten der vielen selbst ernannten Klimaaktivisten! Gegen die zunehmenden Unsicherheiten helfen außer einem perfekten Management nur Pumpspeicherwerke, speicherbare Gase (Wasserstoff, Ammoniak, Biogase) und Batteriespeicher in allen Größen. Zusätzlich wird auf neue Techniken gehofft. Weltweit gibt es dementsprechend ein derzeit völlig unübersichtliches Wettrennen bei allen diesen Entwicklungen. Diese vielgestaltigen Versuche von der Grundlagenforschung bis hin zu größeren Industrieprojekten werden punktuell rascher zu brauchbaren Ergebnissen führen als die parallel dazu vorangetriebene Atomforschung, die unabhängig von ihren noch offenen Ergebnissen grundsätzlich zu begrüßen ist.

Es war also keine besonders schlaue Politik beispielsweise der deutschen Regierung, gleich ganz schnell aus Kohle, Erdöl und Erdgas sowie aus real bestehenden (!) AKWs auszusteigen. Ein langsamerer und richtig gereihter Ausstieg wäre sinnvoller gewesen. Völlig unverständlich aber ist das gleichzeitige Verdikt über das Erdgas. Denn eben dieses ist in entsprechend kleineren Kraftwerken auf Knopfdruck startklar und damit ein guter Netzstabilisator. Zum Beispiel plant die Schweiz den künftigen Einsatz von rund 2.000 Gaskraftwerken. In Deutschland hat offenbar die Kurzsichtigkeit obsiegt.

Was ist mit der allgemeinen Aufheizung?

Während alle mehr oder weniger gebannt auf die Stromversorgung durch EE starren, bereitet ein anderes Faktum weit mehr Sorge: Die Hälfte aller Energie (also viel mehr als der gesamte Elektrizitätsverbrauch ausmacht) geht nämlich in die Beheizung der Gebäude und die Warmwasserbereitung. Dabei geht es nur zum kleineren Teil um elektrischen Strom. Die meisten Brennstoffe für Beheizung und Warmwasser sind Holz, Kohle (schwarz und braun), Erdöl und Erdgas sowie da und dort Fernwärme. Biogase spielen eine noch zu vernachlässigende Größe, ebenso Geothermie. Selbst wenn die fossilen Brennstoffe komplett durch EE ersetzt werden könnten, bliebe trotzdem die Tatsache der Wärmeerzeugung aufrecht! Damit rückt ein Sachverhalt in den Mittelpunkt des Klimawandels, um den in der allgemeinen Energiediskussion, anders als beim Straßenverkehr, meist ein riesiger Bogen des Stillschweigens gemacht wird: Findet nicht ständig eine enorme Aufheizung der Erde statt, indem die Hälfte aller Energiemengen in die Heizung für eine global rasant anwachsende Bevölkerung fließt? Wie ist das mit der Beheizung der Mega-Städte? Trägt diese systematische Aufheizung denn nicht zur Erderwärmung bei?

Nur durch sparsamere Heiztechniken (Dämmung, Wärmepumpen, Niedertemperatur-Gebäude usw.) könnte dieser Heizbedarf etwas gesenkt werden. Effizienzsteigerung der Energieverwendung heißt das Zauberwort. Doch geht das erstens überhaupt nur teilweise mit Ach und Krach und dauert zweitens ziemlich lange, weil sehr hohe Investitionen und viele leider nicht vorhandene Spezialisten gebraucht werden. Mit anderen Worten: Das grundsätzlich nach wie vor gewollte Aufheizen des Siedlungsraumes und des darin komfortabel gewordenen Lebens bleiben als Problem des menschengemachten Klimawandels trotz Umstellung auf EE bestehen.

CO2 als Rohstoff der Zukunft

Leider ist es unmöglich, alle Perspektiven des Klimawandels, der vom Menschen teilweise mitverursacht wird, hier zu beleuchten. Die Beschränkung auf den zugegebenermaßen wichtigen Energiesektor reicht nicht aus. Sogar die hier vorgenommene Kurzdarstellung der komplexen Materie bleibt unbefriedigend. Dennoch soll ein meist völlig einseitig dargestelltes Kapitel der Energieproblematik hier herausgegriffen werden: das CO2-Gas in der Luft.

Angeblich wird der steigende Anteil dieses ungiftigen Gases in der Lufthülle von früher 280 ppm auf derzeit 420 ppm (die Angaben schwanken) als Hauptschuldiger für die stattfindende Erderwärmung angeprangert. Was wäre, wenn man den CO2-Gehalt in der Luft verringern könnte? Was wäre dann mit all dem anderen menschengemachten Klimawandel?

In der Tat gibt es aktuell viele Versuche, den CO2-Gehalt der Luft zu reduzieren. Hauptsächlich werden zwei Wege dazu beschritten: Zum einen wird CO2 gleich bei seiner Entstehung zurückgehalten und danach neutralisiert bzw. versenkt (CCS-Technologie). Zum andern wird das in der Luft bereits befindliche CO2 aus dieser herausgefischt und sodann chemisch umgeformt (CCA-Methode, bekannt durch „Climeworks“). Einzelheiten dazu findet man im Internet und in verstreuten Fachartikeln zuhauf. Beide Methoden werden in unterschiedlicher Größenordnung bereits in verschiedenen Ländern praktiziert. Einige dieser unterschiedlich weit fortgeschrittenen Projekte versprechen bald zu Buche schlagende Erfolge. In ihnen steckt viel Geld, auch das ganzer Regierungen, und ein gewaltiger Mut zur Innovation. Das möglicherweise interessanteste Ergebnis ist die massenweise Entwicklung klimaneutraler Treibstoffe (E-Fuels) für Verbrennungsmotoren aus flüchtigem CO2. Im Zillertal fahren neuerdings bereits einige Pistenraupen mit E-Fuel zur Probe. Die eine oder andere Variante wird sicherlich kommen. Dann wird sich CO2 als „Rohstoff der Zukunft“ erweisen. Heute von vielen lauten Schreiern noch als Klima-Killer angeprangert, wird CO2 einer jener Rohstoffe sein, die in Zukunft den menschengemachten Klimawandel deutlich reduzieren.

Natürlich wird auch dieser Rohstoff wie alle anderen einen Preis haben. Diesen sollte man bewusst sich am Markt bilden lassen. Staatliche Preisvorgaben, verschämt als solche bloß getarnt, in Wahrheit Steuererhöhungen, sind da entbehrlich. Das als „klimaschädlich“ zum Popanz aufgeblasene CO2 wird wie eine Seifenblase zerplatzen. Die Schreihälse werden das Nachsehen haben, aber wir alle den immensen Schaden, den sie durch ihr aktuelles Nichtwissen angerichtet haben.

Das ferne Ziel einer Kreislaufwirtschaft

So sehr auch der menschengemachte Anteil am Klimawandel existenzgefährdende Dimensionen annehmen mag, so wichtig wird es sein, den Faktor Zeit im Auge zu behalten. Unsere gesamte Lebensweise lässt sich nicht quasi auf Knopfdruck ändern. Auch wenige Jahrzehnte reichen nicht aus, um unseren äußerst komplexen Lebensstandard so zu verändern, dass menschliche und planetarische Bedürfnisse einigermaßen ins Gleichgewicht gebracht werden können. Es ist einfach eine Tatsache, dass wir von den vielen hunderten Gegenständen, mit denen wir tagtäglich ohne darüber nachzudenken hantieren, praktisch nicht einen einzigen selber herstellen können![4] Und da gibt es nun – meist positiv eingestellte – Leute, die „das Klima retten“ wollen, indem sie zum Beispiel das Fleischessen verbieten wollen. Oder die Friday for future-Bewegung eines Kindes glaubt allen Ernstes, damit einen günstigen Klimawandel herbeiführen zu können. Greta Thunberg hat jüngst sogar die „Verpflichtung der Deutschen zur Buße“ ins Spiel gebracht. Ärger geht es wohl nicht mehr. Diese und ähnliche Vorhaben muten zwar irgendwie – wenn man höflich bleibt – noch halbwegs gut gemeint, jedoch in der Sache völlig absurd an. Sogar die groß aufgemachten Klimakonferenzen der Staaten, von denen wir gegenwärtig die 26ste in Glasgow erleben, bringen in der Sache kaum etwas weiter. Nach dem altbekannten Motto „Kleinvieh macht auch Mist“ sind am Rande der Glasgow-Konferenz zwischen verschiedenen Staaten allerdings Abkommen über kleinere Einzelfragen abgeschlossen worden. Immerhin besser als nichts. Im günstigsten Falle kann wohl all das Getöse dramatischer, jedoch praktisch leerer Worte, die allgemeine Aufmerksamkeit auf ein in Jahrhunderten sich aufgebaut habendes und nun für die Menschheit groß werdendes Problem lenken. Mehr nicht. Vor allem kommen davon keine sachlichen Lösungen. Diese sind nämlich kompliziert und brauchen sehr viel Zeit. Auch gibt es niemanden – das sei betont: niemanden –, der alle Bereiche überblickt. Das gilt besonders für „die Politik“. Angeblich habe diese bisher „alles verschlafen“. Nichtsdestotrotz erwarten sich alle – wenn man den Medien glaubt – ausgerechnet von „der Politik“ die Rettung des Klimas. Derzeit überbieten sich geradezu die Vorschläge von allen Seiten, welche Verbote sofort erlassen werden sollten. Überhaupt erstaunt angesichts historisch negativer Beispiele die um sich greifende Staatsgläubigkeit. Dabei zeigt die Bürokratie gerade jetzt anhand der Corona-Pandemie ihr Unvermögen, mit einem größeren Problem überzeugend fertig zu werden. Dass ein globaler Klimawandel an Komplexität jede kurzfristig noch so ernste Pandemie – die Corona-Pandemie ist für sich allein genommen noch keine solche, sondern hysterisch aufgebauscht, – überragt, steht wohl außer Zweifel. Mit Sicherheit wird „die Politik“ allein einen Klimawandel nicht aufhalten können. Vielleicht kann gute Politik aber ein Scherflein dazu beitragen. Die Menschen selbst ändern, kann Politik gewiss nicht.

Nur eines können wir alle, egal wohin uns das Schicksal gestellt hat, nachhaltig tun, nämlich unentwegt an einer Kreislaufwirtschaft zu arbeiten. Kreislaufwirtschaft bedeutet, aus jedem Abfall eine direkte oder indirekte Wiederverwertung zu machen – unter anderem nach dem Vorbild der Natur. Dafür braucht es dreierlei:

  • Eine grundsätzlich darauf abzielende Denkweise aller maßgeblichen Menschen, gleichgültig wo sie stehen und woran sie arbeiten.
  • Eine generationenlange Zeit, um die millionenfachen Änderungen herbeiführen beziehungsweise darauf reagieren zu können.
  • Viel Mut zu Anpassungen und Neuerungen aller Art.

Zuletzt gibt es die Hoffnung, dass am Ende aller Anstrengungen wirklich eine Kreislaufwirtschaft entsteht und dass bis dahin noch genug Zeit bleibt, um uns allen ein menschenwürdiges Dasein zu ermöglichen. Denn der natürliche Klimawandel geht eisern seinen Weg weiter. Wir Menschen müssen und können nur darauf achten, dass wir ihn nicht durch unser Einwirken zusätzlich über die Maßen negativ beeinflussen. Letztlich entscheidend aber bleibt die Anpassungsfähigkeit des Menschen. Auf dieser Anpassungsfähigkeit beruht jegliche Hoffnung.

Anmerkungen

[1] Vgl. das grundlegende Lesestück Nr. 1 im Genius-Brief März–April 2021.

[2] Vgl. Thilo Sarrazin, „Feindliche Übernahme“, München 2018, Seite 357 ff.

[3] Vgl. Sammelband „NATIONAL – LIBERAL – GLOBAL”, Genius Edition, Wien 2020, Kapitel „Energie und Klima“, Seiten 395 ff.

[4] Vgl. Gerulf Stix „Leben in vertrauter Umgebung“, LS Nr. 10, Genius-Brief Juli–August 2021.

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