Ist Heimat ein selbstverständlicher Begriff?

Buchbesprechung über „Wilfried Heller – Zwischen Herkunft und Neuanfang“ von Rüdiger Stix

Wilfried Heller ist ein außergewöhnlicher Mensch, der über das Egerland, Deutschland und Neuseeland zu „seiner“ Heimat findet. Als einer der bedeutenden Geografen Deutschlands und jahrelang aktiv als Professor in Göttingen und in Potsdam, weit über Deutschland hinaus bekannt, erlebte er seine Kindheit in Bayern. Seine Volksschuljahre verbrachte er in Ramsau, nahe gelegen bei Berchtesgaden, wo er auch ins Gymnasium ging.

Geografie studierte er dann an den Universitäten Heidelberg und Erlangen, und er habilitierte sich 1978 im Fachbereich Empirische Human- und Sozialwissenschaften der Philosophischen Fakultät der Universität Göttingen.

Unter anderem war Wilfried Heller aktiv als Geschäftsführer der Zentralen Arbeitsstelle Studienreform beim Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst, und er war jahrzehntelang Professor am Geographischen Institut der Universität Göttingen sowie anschließend an der Universität Potsdam.

In Bayern gilt Universitätsprofessor Wilfried Heller als Angehöriger des „vierten Stammes“ des Landes Bayern, nämlich als Sudentendeutscher aus dem Egerland.

Genau genommen stammt Wilfried Heller aus der Mundartregion des Egerlandes, weltweit erst vor ein paar Monaten wieder prominent und präsent in der europäischen Tradition der Kurbäder, die nun sogar in das immaterielle Weltkulturerbe der UNESCO aufgenommen worden sind – aus dem Egerland natürlich mit den Heil- und Kurbädern Karlsbad, Marienbad und Franzensbad.

Wilfried Heller selbst und seine Vorfahren wurden geboren in Littmitz (tschechisch Lipnice), und er beschreibt, wie er sich – natürlich nur sehr bruchstückhaft – als Vierjähriger an Szenen seiner Kindheit und an die Vertreibung in einzelnen Bildern erinnert.

Er verschweigt auch nicht, dass selbst nach dem Krieg immer wieder die Heimatvertriebenen diskriminiert worden sind – was leider auch ein Schandfleck in der Geschichte der Zweiten Republik Österreich ist.

Als Universitätsprofessor wurde er dann sehr viel später mit der Auswanderung aus dem Sudetenland von der anderen Seite unserer Erde befasst, als er über eine sehr weit gereiste Kolonie von Auswanderern aus dem Egerland forschte.

So waren 1860 (und danach) ehemalige Landsleute nach Neuseeland gewandert, wo sie eine Siedlung gegründet und betrieben haben.

Seine „Biographische Skizze eines Vertriebenen aus dem Egerland (Böhmen)“ hat Wilfried Heller nunmehr diesen Themen seines Lebens gewidmet. Er beschreibt in spannenden kurzen Skizzen seine Lebensstationen und begleitet von vielen, eindrucksvollen Bildern seine Wege durch das Egerland, der Ramsau in Bayern, und natürlich Göttingen, Potsdam und Heidelberg.

In berührenden Worten schildert er, wie er auch über Neuseeland zurück ins Egerland gefunden hat, und dass Unrecht aus der Vertreibung aus dem Sudetenland nicht verharmlost werden darf.

Wer immer unaufgeregt, und dennoch ehrlich sich den Themen Heimat und Vertreibung in den Nachkriegsjahren in Mitteleuropa nähert, dem darf dieses gut lesbare und reich bebilderte Bändchen uneingeschränkt empfohlen werden.

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Bildquelle:

  • luke-stackpoole-eWqOgJ-lfiI-unsplash: Luke Stackpoole via Unsplash

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