Von Lothar Stix
Es erinnert an die Iden des März, was in der zweiten Märzwoche des Jahres 2020 in Österreich begonnen hat. Es bleibt der Zweiten Republik zu wünschen, nicht das historische Schicksal der Römischen Republik nach Julius Cäsar zu erleiden, wenngleich für einen solchen imperialen Vergleich der Blick auf die politische Situation der Europäischen Union geworfen werden muss. Doch vorerst zu den politischen Ereignissen in Österreich.
Vorausgeschickt sei in Anlehnung an die Erkenntnisse: „Das erste Opfer des Krieges (der Krise) ist die Wahrheit“ und „Die Wahrheit ist eine Tochter der Zeit“, dass hinter den Kulissen der Realpolitik stets mehr und anderes passiert, als von der politischen Elite nach außen präsentiert wird. Es geschieht dies selbstverständlich in engem Zusammenspiel mit den Staatsmedien, die nicht zu Unrecht von hohen ehemaligen Repräsentanten der Politik als Zunft der schreibenden Politiker qualifiziert werden.
Die folgenden, stichprobenartig wiedergegebenen Ereignisse beruhen vornehmlich auf der Wahrnehmung nach außen sichtbar gewordener Ereignisse.
Maßgebliche Teile der österreichischen Bundesregierung haben am Beginn der zweiten Märzwoche 2020 Kommunikations- und PR-Beratungsunternehmen den Auftrag erteilt, jene Krisenkommunikation und Berichterstattung der Bundesregierung vorzubereiten, die abgestuft bis zu ihrem eigentlichen Höhepunkt am Ende der zweiten Märzwoche von der Bundesregierung in den Medien angewendet wurde. Wer einmal professionell mit Krisenkommunikation und Öffentlichkeitsarbeit befasst war, der weiß, dass dafür konkrete Zielvorgaben vorliegen müssen im Sinne eines ergebnisorientierten Skriptes oder Drehbuchs.
Die konkrete Krisenkommunikation der Bundesregierung war bereits vor ihrer öffentlichen Anwendung mit den sich ständig steigernden Höhepunkten zwischen dem 13. März und dem 15. März 2020 fertig vorbereitet. Die Regierung hat der Bevölkerung staatliche Maßnahmen angekündigt. Vor einer geordneten politischen Willensbildung der dazu berufenen staatlichen Gewalten und Institutionen?
Wesentliche Teile der Sozialpartner, allen voran die Arbeiterkammer, die Wirtschaftskammer und die Gewerkschaft, haben am Beginn der zweiten Märzwoche 2020 im Hintergrund mit der Bundesregierung über jene finanziellen Hilfeleistungen, deren Regulative und organisatorische Begleitmaßnahmen und über die eigene Rolle in der Krise verhandelt. Das wesentliche Ergebnis dieser Verhandlungen stand bereits vor den ersten Erklärungen der Bundesregierung fest und wurde somit zum Bestandteil der von der Bundesregierung angekündigten Maßnahmen. Eine Ankündigung exekutiver und legislativer Maßnahmen erfolgte wiederum noch vor einer geordneten staatlichen Willensbildung der dazu berufenen Gewalten und Institutionen?
Die Gesetzgebung erfolgte erst im Nachhinein
Das Parlament wurde am Ende der zweiten Märzwoche 2020 von der Bundesregierung mit den der Bevölkerung bereits öffentlich angekündigten Maßnahmen befasst. Gegen jede Gepflogenheit des österreichischen Parlamentarismus in der Zweiten Republik wurden die von der Bundesregierung bestellten und bereits verkündeten Maßnahmen, ohne Not und ohne hinreichende Begutachtung, beschlossen. Es wurde nicht etwa ein in der österreichischen Bundesverfassung vorgesehener Notmechanismus in Gang gesetzt, sondern es wurde auf einfachgesetzlicher Grundlage der Bundesregierung ein Mittel an die Hand gegeben, um die wichtigsten Teile des demokratischen, libertären Rechtsstaates außer Kraft zu setzen.
Eine nachfolgende Flut von Sondergesetzen, Verordnungen – wenngleich vielfach mit zeitlicher Befristung – wurde vom Parlament auf Bestellung der Regierung und der Sozialpartner in einer Art und Weise beschlossen, die für die Zweite Republik beispiellos und ohne geordnete Willensbildung erfolgt ist. Hat sich das österreichische Parlament in erschreckender Einmütigkeit aller parlamentarischen Parteien ohne „Justizpalastbrand“ zeitlich befristet selbst ausgeschaltet?
Die von der Bundesregierung öffentlich bekannt gegebenen Maßnahmen in der Zeit zwischen dem 13. März und dem 15. März 2020 haben bereits ausgereicht, dass sich weite Teile der Justiz und der vollziehenden Verwaltung in ihrer Funktion selbst ausgeschaltet haben. Bevor überhaupt die gesetzliche Grundlage dazu kundgemacht war, wurde der Betrieb sämtlicher Gerichte aller Instanzen und der Betrieb der Verwaltungsbehörden in ganz Österreich bis auf einen „Notbetrieb“ umgestellt. Die wiederum zeitlich befristete gesetzliche Grundlage dafür wurde erst nachträglich geschaffen, womit sich auch hier die Frage nach einer Selbstausschaltung der Justiz und der Verwaltung stellt?
Mancher Landeshauptmann hebelte den Bundesstaat aus
Mit Blick auf die bundesstaatliche Kompetenzverteilung in Österreich stellt sich das Verhalten der Landeshauptleute, der Landesregierungen und der Landtage als uneinheitlich dar. Dem ist besonderes Augenmerk zu widmen, rücksichtlich des Anlassfalles für die staatlichen Maßnahmen. Bundesstaatliche Maßnahmen aus Anlass einer Pandemie können richtig oder falsch sein, keinesfalls können Sie in einem Bundesland richtig und im anderen Bundesland falsch sein. Ein Landeshauptmann eines Bundeslandes, dessen besiedelte Fläche in etwa 14 % der Gesamtfläche beträgt, der das gesamte Land unter Quarantäne stellt, untergräbt den föderalistischen, demokratischen und libertären Rechtsstaat im Grundsätzlichen. Reicht somit die Verordnungsermächtigung eines Landeshauptmannes oder einer Landesregierung aus, um die Einheit des Bundesstaates aufzuheben?
Bedenkt man die von den Politikwissenschaften entwickelte Doktrin der Medien als „vierte Gewalt“, nach der von den Staatswissenschaften entwickelten Theorie der Gewaltenteilung, dann ergibt sich mit Blick auf die staatlichen Medien und das Zusammenspiel mit der Bundesregierung ein bemerkenswertes Bild. Ein kurzer Versuch der Bundesregierung, nur noch die staatlichen Medien und APA für offizielle Pressekonferenzen der Bundesregierung zuzulassen, musste glücklicherweise am Widerstand der anderen Medien scheitern. Die mit gesetzlichem Informationsauftrag ausgestatteten Staatsmedien haben diesen Versuch selbstverständlich schamhaft verschwiegen.
Die „staatlichen“ Medien und der Bundespräsident zogen mit der Regierung
Es ergibt sich durch einen schlichten Vergleich zwischen der Medienberichterstattung von staatlichen und nichtstaatlichen Medien in Österreich, dass keinerlei kritische Berichte über die tiefgreifenden politischen Eingriffe der Bundes- und Landesregierungen in den demokratischen österreichischen Verfassungsstaat stattgefunden haben. Die Staatsmedien sind seit Beginn der Maßnahmen zu einem „Sprachrohr“ der einzigen Staatsgewalt und bestimmter Teile der Sozialpartner geworden.
Wo findet sich die „vierte Gewalt“, die Repräsentation der Meinungs-, Informations- und Pressefreiheit, nach solch einer freiwilligen Gleichschaltung?
Traditionell hat der Bundespräsident nach der österreichischen Bundesverfassung eine sehr starke Stellung, die durchaus mit dem Staatspräsidenten der Republik Frankreich verglichen werden kann. In seiner bisherigen Amtsperiode hat der Bundespräsident bei weit weniger wichtigen Anlässen durch die vorangegangene Bundesregierung sich nicht nur aktiv in die Tagespolitik eingebracht, sondern auf die Einhaltung der Verfassung und die Wahrung der verfassungsmäßigen Funktionsweise des Staates mit allen seinen Institutionen geachtet. Wer erinnert sich nicht an die durch das sogenannte „Ibiza-Video“ ausgelöste Krise?
Die Beteiligung der Grünen an der Bundesregierung muss an der Auslegungspraxis der österreichischen Bundesverfassung durch den Bundespräsidenten einiges geändert haben. Der Bundespräsident hat alle Gesetze unterschrieben, keinerlei verfassungsrechtliche oder europarechtliche Bedenken geäußert und im Gegensatz zur vorangegangenen Krise nach dem „Ibiza-Video“ nie aktiv eingegriffen.
Wie kann es sein, dass der Bundespräsident keine Bedenken bei einfachgesetzlichen Eingriffen in Grundprinzipien der Demokratie und der sogenannten „Baugesetze“ der österreichischen Bundesverfassung hegt, neben der Wahrnehmung all jener Ereignisse, die zuvor geschildert wurden?
Die Europäische Union als „Raum der Freiheit und des Rechts“ hat versagt
Die Europäische Union ist nach eigenem Selbstverständnis ein Raum der Freiheit und des Rechtes! Es ist durch die Rechtsprechung und die herrschende politische Praxis gesichert, dass das Recht der Europäischen Union in seinem Anwendungsbereich dem österreichischen Recht, einschließlich dem österreichischen Verfassungsrecht vorgeht. Es gilt dies im besonderen Maße für die unionsrechtlich garantierten Grundfreiheiten, den Grundrechtskatalog der Europäischen Union und das generelle Diskriminierungsverbot. Weder das österreichische Parlament noch die österreichische Bundesregierung sind legitimiert, Unionsrecht außer Kraft zu setzen, ungeachtet dessen hat dies bezogen auf maßgebliche Teile der angesprochenen unionsrechtlichen Regeln stattgefunden.
Während die Europäische Union mit Vehemenz gegen Staaten wie Ungarn, Polen und andere wegen der Verletzung des „Rechtsstaatlichkeitsprinzips“ vorgeht, hat sie sich zu den Maßnahmen der österreichischen Bundesregierung verschwiegen. Die neue Kommissionspräsidentin hat sich darauf beschränkt, in Videobotschaften den Unionsbürgern das sachgerechte Händewaschen zu präsentieren und gegenüber den Mitgliedstaaten anzukündigen, dass die Mittel des EU-Strukturfonds für „Corona-Hilfsmaßnahmen“ verwendet werden, bevor überhaupt eine Einigung über das EU-Budget stattgefunden hat.
Wie ist es für die EU mit einem „Raum der Freiheit und des Rechtes“ vereinbar, die eigenen Vertragsgrundlagen preiszugeben und der massiven Verletzung von europäischen Grundfreiheiten, Grund- und Freiheitsrechten durch europäische Mitgliedstaaten tatenlos zuzusehen?
Verstöße gegen verbriefte Grundfreiheiten
Die gewaltenteilige Demokratie ist im Verfassungsstaat das organisatorische Grundprinzip. Es existiert eine innere Verbindung von Demokratie und den in der Verfassung verbrieften Grund- und Freiheitsrechten. Der Mensch wird als Bürger im Kern getroffen, wenn er keine Möglichkeit hat, seine Wahl- und Abstimmungsrechte praktisch auszuüben oder Meinungs-und Demonstrationsfreiheit auch zu politischen Zwecken effektiv zu nutzen.
Das demokratische Prinzip als Grundprinzip und Baugesetz bildet die verfassungsrechtliche Grundordnung. Indem Exekutivorgane, wie Minister oder Landeshauptleute, durch Verordnung, gestützt auf einfache Gesetze, faktisch ein Ausgangsverbot für alle Bürger herbeiführen, heben sie dadurch unmittelbar die Demokratie auf. Die Maßnahmen der Bundesregierung, der Landesregierungen und der Landeshauptleute greifen massiv in die Mehrzahl der verfassungsrechtlich gewährleisteten Grundfreiheiten und Menschenrechte ein. So zum Beispiel in das Recht auf Freizügigkeit der Person, der Einreise, der Auswanderung, der Erwerbstätigkeit, der Freiheit des Unterrichts, des Familienlebens, des Datenschutzes etc.
Dieser massive Eingriff ist beispiellos für die Zweite Republik, besonders weil er mit Ausnahme von Verordnungen mit Billigung des Gesetzgebers erfolgt.
Die teils durch die Exekutive, teils durch den Gesetzgeber, jedoch auch teils durch die Justiz selbst vorgenommene Einschränkung im Sinne einer Ausschaltung berührt ebenfalls in einem erheblichen Maß die verfassungsrechtlichen Garantien der Gerichtsbarkeit und der Grundrechte. Zu den demokratischen Garantien zählt die Mitwirkung des Volkes an der Gerichtsbarkeit, die faktisch nicht mehr ausgeübt werden kann. Es ist damit das verfassungsrechtliche Recht auf den gesetzlichen Richter unmittelbar betroffen.
Zu den wesentlichen verfassungsrechtlichen Prinzipien der Gerichtsbarkeit zählt die Mündlichkeit, Öffentlichkeit und der Anklageprozess. Die getroffenen Maßnahmen schließen die Einhaltung dieser Prinzipien aus.
Was bleibt dann von der verfassungsrechtlich verankerten Staatsgewalt der Justiz? Es werden dadurch das gewaltentrennende Prinzip und das rechtsstaatliche Prinzip unmittelbar berührt. Der Rechtsstaat als Rechtsschutzstaat muss die Einhaltung von Verfassung und Gesetz durch entsprechende Einrichtungen sichern.
Zur Erinnerung: Das Rechtsstaatsprinzip bindet die Vollziehung an Gesetze, die Gesetzgebung an die Verfassung, und es beruht auf einem umfassenden System des Rechtsschutzes durch Gerichte. Die getroffenen Maßnahmen mögen daran gemessen werden!
Zur staatlichen Einheit ist neben dem Bundesstaatsprinzip im Besonderen auf Art. 4 Abs. 1 B‑VG hinzuweisen. Der Abs. 2 des Art. 4 B-VG besagt, dass „sonstige Verkehrsbeschränkungen“ nicht errichtet werden dürfen. Auch wenn heute dieses Gebot überwiegend so verstanden wird, dass es lediglich eine territoriale Beschränkung des Güter- oder Personenverkehrs innerhalb des Bundesgebiets durch das Wirtschaftsrecht für unzulässig erklärt, erhebt sich die Frage, ob es zulässig sein kann, unter dem Titel von „Quarantänemaßnahmen“ für ein ganzes Bundesland die Einheit des Bundesgebietes faktisch aufzuheben.
Die üble Rolle der Kammern als „Sozialpartner“
Brisant wird es, wenn die Sistierung von Demokratie und Grundrechten in einem Kompromiss mit den „Sozialpartnern“ erfolgt. Realpolitisch mögen zwar die rechtlichen Regeln über die Erzeugung von Gesetzen von der Frage, in welcher Art und in welchem Rahmen die politischen Entscheidungen über die Erlassung von Gesetzen fallen, zu unterscheiden sein. Im Ergebnis haben die Sozialpartner an einer zumindest zeitlich befristeten Aufhebung der Demokratie und zahlreicher Grundrechte mitgewirkt. Die erst im Jahr 2008 in die Verfassung neu eingefügte Staatszielbestimmung des Art. 120 a Abs. 2 B-VG rechtfertigt keinesfalls die Mitwirkung der Sozialpartner an der Vorbereitung und dem Vollzug von Maßnahmen der Exekutivorgane des Staates, die in einem eklatanten Widerspruch zu der verfassungsrechtlichen Grundordnung des Staates und den national und international garantierten Grund- und Freiheitsrechten der Bevölkerung stehen.
Nicht weniger brisant sind mittelbare Eingriffe der Exekutivorgane im mittelbaren Zusammenwirken mit staatlichen Medien und „staatlichen“ Betreibern kritischer Infrastrukturen. Das Handeln dieser Akteure ist im Sinne des unmittelbar auch in Österreich anzuwendenden Unionsrechtes direkt dem Staat zuzurechnen. Die faktische Gleichschaltung inhaltlicher Berichterstattung – auch ohne offenkundige Zensur – entspricht im Ergebnis einer erheblichen Einschränkung der Informations-, Medien- und Meinungsfreiheit. Eine Weitergabe von sämtlichen Benutzerdaten an die Behörden durch Telekommunikationsunternehmen stellt eine schwerwiegende Verletzung von Datenschutzrechten dar, die sachlich auch nicht dadurch gerechtfertigt werden kann, dass nachträglich reparierende Gesetzesänderungen durchgeführt werden.
Die seit langem von der Judikatur gefestigte Grundrechtsbindung des Staates in der Privatwirtschaftsverwaltung und die Verbots- und Sittenwidrigkeitskontrolle von „wirtschaftlich überlegenen Vertragspartnern“ macht es offensichtlich, dass staatliche Medien und bestimmte Unternehmen kritischer öffentlicher Infrastrukturen an der Aufhebung demokratisch sensibler Grund- und Freiheitsrechte mitgewirkt haben.
Sebastian Kurz handelt entgegen der „Verhältnismäßigkeit“
Der Bundeskanzler hat in einem Fernsehinterview in der vierten Märzwoche 2020 auf die Frage des Interviewers, was er den kritischen Kreisen aus der Wirtschaft, die sich über die Schädlichkeit der Maßnahmen beschweren, denn nun sagen würde, geantwortet, dass nicht die Maßnahmen für die Schäden verantwortlich seien, sondern das Corona-Virus. Diese Antwort ist gleichermaßen unlogisch wie unrichtig, sie lässt sich unmittelbar widerlegen, logisch, naturwissenschaftlich, historisch vergleichend und rechtlich.
Die Antwort des Bundeskanzlers mag für die gesamte Bundesregierung stehen, sie erweist sich jedoch als untauglicher Versuch einer Rechtfertigung.
Logisch systematisch betrachtet sind die von der Bundesregierung, den Landesregierungen, den Landeshauptleuten und dem Parlament getroffenen Maßnahmen vorbeugende zu einer Abwehr möglicher Schäden durch die „Corona-Pandemie“. Sämtliche Schäden, die durch die vorbeugenden Maßnahmen ausgelöst werden – tatsächlich sind die Schäden und Folgen derzeit noch unabsehbar – müssten geringer ausfallen als die unmittelbaren Schäden der „Corona-Pandemie“, andernfalls könnten sie nach den Denkgesetzen weder mittelbar noch unmittelbar der „Corona-Pandemie“ zugerechnet werden. Bereits ein aktueller Vergleich mit anderen Staaten (Schweden, Niederlande und Schweiz), die keine Maßnahmen wie jene in Österreich getroffen haben, zeigt, dass die Maßnahmen schadensauslösend sind, während die unmittelbaren Pandemieschäden bezogen auf diese Vergleichsfälle in etwa gleich bleiben.
Historisch betrachtet sind die Maßnahmen beispiellos, mit anderen Worten: Es gibt in der gesamten bisherigen Geschichte der Republik Österreich kein Beispiel dafür, dass in Friedenszeiten bei vergleichbarem Anlass solche staatlichen Maßnahmen gesetzt wurden. Für Mediziner und Seuchenexperten unbestritten kann die „Corona-Pandemie“ nicht annähernd als so gefährlich eingestuft werden wie die „Spanische Grippe“, die bekanntlich weltweit Millionen Todesopfer gefordert hat. Die „Spanische Grippe“ hat in Österreich nicht flächendeckend individuell und kollektiv alle geschädigt, die getroffenen Maßnahmen der Bundesregierung jetzt tun dies schon.
Jeder ist durch die Eingriffe in die Grund- und Freiheitsrechte betroffen
Individuell ist jeder durch Eingriffe in die Grund- und Freiheitsrechte betroffen, zumeist mehrfach mit unterschiedlichen Schadensfolgen. Es betrifft dies sämtliche Personenfreizügigkeitsrechte, die Erwerbsfreiheit, das Eigentum, das Recht auf Bildung und im Kern das Recht auf Familie. Es würde den Rahmen bei weitem sprengen, auch nur den Versuch zu unternehmen, die Vielzahl der individuellen Schäden aus diesen Grundrechtseingriffen darzustellen. Es ist vollkommen ausgeschlossen, dass mit staatlichen Maßnahmen die Vielzahl der Schäden ausgeglichen werden kann, zumal es sich um immaterielle und materielle Schäden handelt.
Es findet eine massive Verletzung kollektiver verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte statt, die tiefgreifend die demokratische rechtsstaatliche Ordnung der Republik aufhebt. Die Maßnahmen betreffen unter anderem neben der Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit: die Vereinsfreiheit, die politischen Parteien und ihre Betätigung, die demokratische Partizipation, wie beispielsweise die Einleitung von Volksbegehren, die Mitwirkung an der Gerichtsbarkeit, die Partizipation an der Selbstverwaltung und die damit verbundene Ausübung von Mandaten und vieles mehr.
Die Einbeziehung bestimmter Sozialpartner in den Vollzug begleitender Maßnahmen verstellt den Blick darauf, dass dadurch weitere rechtswidrige Eingriffe in die Grund- und Freiheitsrechte erfolgen. Staatliche Verteilungs- und Ausgleichsmaßnahmen über einzelne Sozialpartner erweisen sich bei kritischer Analyse als massiver Verstoß gegen das Legalitätsgebot des Art. 18 B-VG sowie das Gleichheitsgebot gemäß Art. 7 B-VG. Bereits dadurch steht fest, dass all jene durch die Maßnahmen geschädigt werden, deren Schäden nicht ausgeglichen werden.
Die Maßnahmen der Regierung stellen eine mannigfache Verletzung des EU-Rechts dar. Der Mitgliedstaat Österreich wird nach ständiger Rechtsprechung des EuGH für jede Verletzung des EU-Rechtes haften müssen, unabhängig davon, ob diese Verletzung in einem Handeln oder Unterlassen besteht und ob der schadensverursachende Verstoß der Legislative, der Judikative oder der Exekutive zuzurechnen ist.
Ohne das Thema der Grundfreiheiten, wie beispielsweise jenes der Arbeitnehmerfreizügigkeit, der Dienstleistungsfreiheit und anderer Freiheiten hier näher vertiefen zu wollen, ist der durch die Exekutive verursachte Schaden alleine durch die Unterbindung der Arbeitnehmerfreizügigkeit von ca. 60.000 Pflegekräften aus der EU gewaltig.
Es gilt gemäß Art. 45 AEUV der Grundsatz der Gleichbehandlung von EU-Arbeitnehmern. Nach der Rechtsprechung des EuGH sind nicht nur offensichtliche Diskriminierungen aus Gründen der Staatsangehörigkeit unzulässig, sondern auch „alle versteckten Formen der Diskriminierung, die durch die Anwendung anderer Unterscheidungsmerkmale, wie etwa das Anknüpfen an den Wohnsitz tatsächlich zu dem gleichen Ergebnis führen“ (EuGH Rs. 152/73, Sotgiu, Slg. 1974,153 o. a.).
Rechtsverletzungen am laufenden Band
Die Regierung verkennt ihre mehrfache Bindung an völkerrechtliches Konventionsrecht (Europäische Menschenrechtskonvention), an EU-Recht (EUV, AEUV, GRC) und an die verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte (die Grund- und Freiheitsrechte). Beginnend bei letzteren ist darauf hinzuweisen, dass eine Suspendierung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte nicht vorgesehen ist, diese nur dem Verfassungsgesetzgeber vorbehalten ist, und dabei müssen die Grenzen einer Gesamtveränderung sowie völkerrechtliche Grenzen beachtet werden. Eingriffe in die sogenannten „Baugesetze“ der Bundesverfassung betreffen eine Gesamtänderung und bedürfen einer Volksabstimmung.
Die Maßnahmen der Bundesregierung, der Landesregierungen, der Landeshauptleute und die dazu erlassenen zeitlich befristeten Gesetze und Verordnungen bewirken eine Aufhebung von Grund- und Freiheitsrechten, sie bewirken eine Änderung von Baugesetzen der Republik, weshalb von einer verfassungsrechtlichen Unzulässigkeit auszugehen ist.
Will die Regierung die Maßnahmen nicht als Suspendierung, sondern nur als Einschränkung von Grund- und Freiheitsrechten verstanden wissen, dann fehlt es an einer geeigneten Rechtfertigung. In formeller Hinsicht gilt nunmehr auch für die Unionsgrundrechte ausdrücklich der von der EMRK-Schrankendogmatik geläufige Gesetzesvorbehalt (Legalitätsprinzip). Inhaltlich gebunden ist der Eingriff durch Gesetz oder Verordnung an die „von der Union anerkannten, dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen“, und an die „Erfordernisse des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer“. Hinzu kommen der Vorbehalt der „Achtung des Wesensgehalts“ sowie der Grundsatz der „Verhältnismäßigkeit“.
Für die von dem Gesetzgeber erlassenen und der Bundesregierung ergriffenen Maßnahmen lässt sich schon wegen der einer Suspendierung gleichen Wirkung auf die Grundrechte erkennen, dass der Schrankenrechtfertigung nicht entsprochen wird.
Die Bundesregierung praktiziert Verfassungswidrigkeiten
Besonders zu beachten ist, dass einige Grundrechte keinen Gesetzesvorbehalt haben im Sinne einer absoluten Garantie, deren Einschränkung unter keinen Umständen infrage kommt. Es ist jeder Eingriff in den geschützten Bereich eines solchen Grundrechtes als Verletzung des Grundrechtes zu werten.
Für bestimmte Grundrechte ohne Gesetzesvorbehalt lässt die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes sogenannte immanente Grundrechtsschranken, das sind solche die in der gesamten Rechtsordnung liegen, zu. Es müssen jedoch Einschränkungen bei diesen Grundrechten zum Schutz eines anderen Rechtsguts erforderlich und verhältnismäßig sein. Verfassungswidrig sind „intentionale“, d. h. direkt auf die Beschränkung des Grundrechts gerichtete Bestimmungen. Die als Rechtfertigung von der Regierung herangezogenen Gründe für die zahlreichen Grundrechtseingriffe sind teilweise ungeeignet, jedenfalls aber unverhältnismäßig, d. h. gesamtheitlich und grob unionsrechts-, konventionsrechts- und verfassungswidrig.
Es besteht bereits jetzt nicht der geringste Zweifel daran, dass alle naturwissenschaftlichen Erkenntnisse das Gefahrenpotential des Corona-Virus als Äquivalent mit einem Grippevirus mit vergleichbarer geringer Mortalitätsrate qualifizieren werden. Weshalb also wurden in den Grippejahren 2017 und 2018 keine vergleichbaren Maßnahmen ergriffen? Waren die Folgen der letzten Grippeepidemien und Pandemien so gravierend, dass die jetzt ergriffenen Maßnahmen verhältnismäßig sind?
Schwerwiegende wirtschaftliche Folgen
Die ergriffenen Maßnahmen bewirken als solche schwerwiegende wirtschaftliche Schäden im Sinne einer „volkswirtschaftlichen Erschütterung“, deren Folgen zweifellos länger andauern werden als die Zeitspanne, die für die Entwicklung eines Corona-Impfstoffes benötigt wird. Mit welchen vergleichbaren Schäden in dieser Zeitspanne – verursacht unmittelbar durch das Corona-Virus – wurde vor Ergreifung der Maßnahmen kalkuliert?
Die tragende Begründung für die Maßnahmen war der Schutz einer besonders gefährdeten Bevölkerungsgruppe (65+, Immungeschwächte) und der Schutz vor Überlastung des Gesundheitswesens. Kann für diese Ziele die Einschränkung aller, die Schädigung vieler sowie die nachhaltige Schädigung zahlreicher anderer Wirtschaftssektoren verhältnismäßig sein und als Rechtfertigung gelten? Ein Vergleich konkreter Fallzahlen „ex post“ und mit Ländern wie Schweden wird etwas anderes beweisen.
Abseits aller schwerwiegenden rechtsstaatlichen Konsequenzen, deren Aufarbeitung vorhersehbar viele Jahre in Anspruch nehmen wird, führt das kollektive politische Staatsversagen zu einem Verlust staatlicher Souveränität als politischer Dauerschaden. Die Kosten und Schäden der Maßnahmen führen außerdem zu einer erheblichen staatlichen Neuverschuldung. Die währungspolitischen Konsequenzen der Preisgabe der Maastricht-Kriterien können von den einzelnen EU-Mitgliedstaaten nicht beeinflusst werden.
Der Kauf von Staatsanleihen durch die EZB in Verbindung mit Rettungsmaßnahmen, vergleichbar dem sogenannten „Rettungsschirm“, führen, wie das Beispiel Griechenlands deutlich gezeigt hat, zu einem langanhaltenden staatlichen Souveränitätsverlust.
Trotz eines kapitalen Versagens der EU und ihrer Institutionen in der sogenannten „Corona-Krise“ gibt die Regierung zusätzlich erhebliche Teile der staatlichen Souveränität an demokratisch nicht kontrollierte Institutionen der EU (EZB, Fonds, etc.) ab.
Ein kapitaler Kurz-Schluss für den demokratischen EU-Mitgliedstaat Österreich!
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