Das energetische Schwingungsgefüge – der Mensch

Von Karl Sumereder

Jeder Mensch hat seinen individuellen Rhythmus
Novalis

So manche Mitmenschen fragen sich im Verlauf des Lebens, wer man eigentlich sei?

Ein biologisches Naturwesen mit nicht verlöschender Seele oder ein natürliches Gestaltungsergebnis einer enorm hohen Anzahl von Atomen, Molekülen, Körperzellen, die sich mit einem hintergründigen Energiegeschehen gemäß dem Radikalen Konstruktivismus (Autopoiese), ein System das sich selbst ordnet? Ein Körper besiedelt von Abermillionen Einzellern, ein famoses Kompendium oder gemäß dem Neurobiologen Humberto Maturana eine Einbildung, ein Traum in einem Traum?

Vielleicht, so wird von den theoretischen Physikern spekuliert, sind wir dreidimensionale Schatten eines Selbst-Seins, das sich gemäß der „Super-String-Theorie“ in eine zehn- oder elfdimensionale Wirklichkeit erstreckt?

Das Leben ist ein momentaner, zeitlich begrenzter Zustand von Materie – falls es diese als solche, von uns meist als etwas Hartes, Festes, Flüssiges oder Gasförmiges begriffen, überhaupt gibt – was ja von Physikern wie Albert Einstein, der feststellte, dass Materie und Energie eine Einheit sind, in Frage gestellt wird.

Wir erleben die eigene Welt als „Ich-Innenwelt“ und als die „Du-Außenwelt“. Alles widerfahrene Geschehen schwingt und fließt. Alle Dinge verändern sich, wie auch wir uns selbst.

Panta rhei – alles fließt

Das Thema „Fließen“, der „Fluss der Dinge“ ist uns gemäß dem griechischen Philosophen und Denker Heraklit, rund 2600 Jahre vor unserer Zeitrechnung, vertraut. Auch die nicht lebende Materie (Sonnen, Planeten, Gestirne, Vulkane, Steine, Mineralien, Atome, Moleküle) fließt, da auch für sie ständig energetisch angetriebene Bewegung, Wandel und Veränderung gegeben ist. Permanente Bewegung, eine Prozessualität aller Dinge in räumlicher und zeitlicher Dimension, erfahren wir nicht nur im eigenen Dasein, sondern ist dies ein Grundstein, ein universales Prinzip der Natur. Dies wurde durch die Atom- und Quantenphysik schon bestätigt.

Das Prinzip der Bewegung und des Wandels gilt für das astrophysikalische Geschehen (Expansion des Universums, Supernovae, Herausbildung von Sonnen und Planeten), als auch für die erdgeschichtlichen Prozesse (Plattentektonik, Kontinent-Verschiebung, Erosion), wie auch für die Biochemie und Medizin, die Stoffwechsel- und neuronalen Prozesse (Mikrometerwelt) und die atomaren und subatomaren Strukturen (Nano-Welt).

Lebende Wesen sind im Unterschied zu den Nicht-Lebewesen aus Biozellen aufgebaut. Sie sind die kleinsten, auch Wandlungen und Schwingungen ausgesetzten Einheiten des Lebens. Die etwa einhundert Billionen Bakterien, die zum Beispiel in unseren Gedärmen existieren, beeinflussen nicht nur die Verdauung, sondern auch unser Denken und Verhalten. Wir sind ein Ökosystem von enormer Diversität, welches wir, wie so vieles andere in der Natur, nur ansatzweise oder überhaupt nicht verstehen.

Die Weltall-Schwingungen

Das Universum ist durch erfolgte Messungen, Forschungen, Analysen und unserem theoretischen Verständnis, etwa 13,7 Milliarden Jahre alt. Seit dem angenommenen Big Bang (Urknall), eine „Quantenfluktuation im kosmischen Vakuum“, einem Begriff, den der Astronom Fred Hoyle 1949 in die Physik einführte, hat es sich von einem so genannten Nullpunkt aus ausgedehnt und abgekühlt. Die Expansionsgeschwindigkeit steigert sich beständig. Eine für uns und unsere Apparate nicht wahrnehmbare Form von Energie, die „dunkle Energie“ und die „dunkle Materie“ soll dafür maßgeblich sein. Nur etwa 5 Prozent der uns bekannten Energieformen sollen für die Entstehung von Galaxien, Sonnen, Planeten, Kometen und Asteroiden, sowie für die auf der Erde entstandenen Lebensformen maßgeblich sein. Der Planet Erde ist nach unserem Zeitbegriff vor etwa 5,54 Milliarden Jahren aus einer abgeplatteten Staubscheibe gebildet worden, welche die noch junge Sonne, hervorgegangen aus einer explodierten Supernova, umkreiste. Der Planet Erde war hunderte Millionen Jahre eine heiße vulkanische Welt. Er wurde von Asteroiden und Kometen bombardiert und ist zumindest einmal mit einem anderen Planeten kollidiert. Dadurch ist die Rotationsachse der Erde um 23,5 Grad gekippt, was auch die Jahreszeiten seither bewirkt. Durch einen solchen Zusammenstoß wurde der Mond von der Erde abgespaltet. Die Erde kühlte im Verlauf langer Zeiträume ab, bis flüssiges Wasser H2O, hervorgegangen aus dem Wasserstoff-Sauerstoff-Gas, auf der Oberfläche bestehen konnte und nicht verdampft ist. Die Vermutungen bezüglich der Existenz von Ur-Lebensformen auf der Erde, reichen bis auf 3,7 Milliarden Jahre zurück, nämlich auf Kohlenstoffisotope, entdeckt in ältesten Sedimentgesteinen.

Energie – die universale Potenz

Unseren Sinnen bietet sich eine verwirrende Vielfalt von energetischen Schwingungen, von „Symphonien“ aus der für uns wahrnehmbaren Welt. Könnte das Lebewesen Mensch die Vielfalt des Energiekompendiums aber nicht differenzieren, würde dies die Verarbeitungskapazität unserer Gehirne sprengen. Unserem Dasein und unserem Intellekt stehen aus dem unendlichen Energiefluss, diesen „Wellen- und Teilchenschwingungen“, nur jene Prozesse und Strukturen zur Verfügung, die unseren paar Sinnesorganen adäquat sind und deren Ordnungsmuster unserem Leben entsprechen. Was wir wahrnehmen, ist ein gefilterter Extrakt.

Aus einem ursprünglichen, eigenschaftslosen Energieplasma hat sich gemäß der Physik alles weiterentwickelt. Die Herausbildung von Protonen und Neutronen (Bausteine von Atomkernen), die Bildung von Atomen, positiv und negativ geladene Elementarteilchen, bis zu den molekularen und astronomischen Strukturen. Alles, wie Physiker erklären, beruhend auf „energietragenden Feldern“, auf der Gravitationskraft, den Kernkräften und den schwachen Wechselwirkungskräften. Alles ist von elektromagnetischen Schwingungen geprägt. Einem Spektrum mit Wellenlängen, die uns nicht sichtbar sind, einige aber doch nutzbar gemacht wurden, wie Radio-, TV-, Infrarotstrahlung, Ultraviolettlicht, Röntgenstrahlung, Gammastrahlung, bis hin zur niederfrequenten Hintergrundstrahlung seit dem Urknall.

Die Energie ist in verschiedenen Formen vorhanden und kann in physikalischen Systemen unterschiedlich auftreten. Als potenzielle, kinetische, Ruheenergie, chemische Energie, magnetische und thermische Energie. Entscheidend aber ist, die Summe der Energiemengen der verschiedenen Energieformen, ist vor und nach ihrer jeweils erfolgenden Umwandlung immer dieselbe! Energie wandelt sich, aber verschwindet nicht!

Unser biologisches Sein

Energetische Prozesse sind die Grundlage aller Lebensvorgänge. Archaeen, Bakterien und Eukaryoten sind die drei Domänen, in die alle zellulären Lebensformen eingeteilt werden. Die Archaeen und Bakterien sind Prokaryoten was bedeutet, dass deren Erbinformation DNA (Desoxyribonukleinsäure) nicht in einem vom Cytoplasma durch eine Doppelmembran abgegrenzten Zellkern enthalten ist. Die Vermehrung dieser Lebewesen erfolgt asexuell durch Zellteilung. Die Entstehung von energiereichen Biomolekülen durch die Lichtenergie, wird als Photosynthese bezeichnet, wobei eine Umwandlung elektromagnetischer Energie in chemische Energie erfolgt. Wir haben wenig Ahnung darüber, wie unsere Gehirne die Unmenge von energetischen, elektrischen und chemischen Schwingungen, die Informationen, in das umwandelt, was wir unter Denkmustern oder Bewusstsein verstehen.

Der Schweizer Architekt Philippe Rahm nutzt eine Wärmebildkamera künstlerisch für eine flackernde Portraitserie für Wärmeenergiedarstellungen, die im Kameramuseum in Vevey gezeigt werden.

Einige Beispiele:

Wer heizt besser? Der Radiator oder der Körper des Heizungstechnikers (links); Die erklärende Hand befeuert Argumente (Mitte); Wärmeenergie für einander (rechts)

Die Kraft der Klänge

Rhythmen und Klangfarben, Energieschwingungen wie Musik, lösen ein hormonelles Feuerwerk in unseren Gehirnen aus. Klänge, Rhythmen, angenehm empfundene Geräusche, Musik, beeinflussen neuronal das Vitalisierungssystem, das Lustzentrum, bewirken positive Stimmungen, mildern Aggressionen. Musik wirkt als eine Medizin. Wirkt schmerzdämpfend, hilft emotional stabiler zu sein. Musik und Rhythmen werden in der Neuropsychologie zur Beeinflussung der körperlichen Motorik alter Menschen eingesetzt. Musik wirkt als eine universelle Sprache. Klänge und Rhythmen sind zentrale Bestandteile unserer Kultur. Babys hören bereits im Mutterleib den Herzschlag und die Stimme der Mutter. Klänge und Rhythmen begleiten uns von der Geburt bis zum Tod.

Der Soziologe und Klangraum-Forscher Marvin Heine (Kurier: 19. August 2021, Seite 16/17) hat untersucht, wie Wien klingt. Bei seinen Studien hat sich herausgestellt, dass zum Beispiel der Burggarten – eine Oase mit Blumen und Vogelgezwitscher, sehr beliebt ist. Neben dem Geläut der Pummerin zum Jahreswechsel, der Kaffeehaus-Atmosphäre, nicht umsonst ist die Wiener Kaffeehauskultur ein UNESCO-Weltkulturerbe, dem Hufgeklapper und dem Gewieher der Fiaker-Pferde im 1. Bezirk, hat besonders das Bimmeln der Straßenbahn sich als äußerst beliebtes Klanggeräusch herausgestellt. Der eine Ort wird als Rückzugsort wahrgenommen, der andere schafft eine energetische Atmosphäre.

Eine philosophische Betrachtung

Wir Menschen, alles Lebendige, sind nicht etwas anderes als die Natur. Existieren als Anteile, als mitgestaltende Gefüge. Unsere Gattung existiert nicht um die wirkliche Wirklichkeit zu begreifen, absolutes Wissen zu erlangen, sondern sich in unserer Welt einzurichten und dort überlebend zu bestehen. Die Evolution ist, wie der Philosoph Richard David Precht erklärt, keine Person, kein Stratege oder Designer, kein Subjekt, das irgendetwas will oder tut. Es sind willenlose Prozesse. Das Naturgeschehen passiert nicht planmäßig, ist wie ein Spiel. Die Evolution, die keine Absichten und Ziele hat, verleiht menschlichem Streben und Handeln keinen objektiven Sinn. Die von uns erkennbaren Naturgesetze sind zwar bindend, aber sie verpflichten zu nichts. Das tun allein menschliche Normen und Gesetze. Der Philosoph Ludwig Wittgenstein (1889–1951) meinte, dass wir nicht wissen, warum wir auf dem Planeten Erde sind. Unsere Gehirne wurden weder durch einen Selektionsdruck für eine absolute Wahrheit, noch für ein absolutes Glück geformt. Unsere Welt ist der Planet Erde. Jener Platz, an den wir uns im Lauf der Evolution angepasst haben. An eine bestimmte Atemluft, ein Klima, Geräusche und eine passende Nahrung.

Wo wir Menschen in der Selbstbetrachtung zu einem Rätsel oder Problem werden, sich selbst befragen oder in Frage stellen, die eigene Existenz betreffende Annahmen oder Antworten entwickeln, wird das Feld der philosophischen Anthropologie betreten. Unser wahres Wesen liegt beispielsweise gemäß dem Anthropologen Max Scheler (1874–1928) jenseits seiner biologischen, sozialen und vernünftigen Funktionen. Das wahre Wesen des Menschen ist seine geistige Personalität, die darin gründet, dass er transzendiert, eine Gestalt der Transzendenz ist. (Siehe dazu auch: Karl R. Popper und John Eccles: „Das Ich und sein Gehirn“ Piper 1982, mit einer Darstellung der „Welt1“ (physische Welt), „Welt2“ (Bewusstseins- und unbewusste Zustände) und der „Welt3“ (Inhalte des Denkens und Erzeugnisse des menschlichen Geistes).

Als eine geistige Person ist der Mensch laut Scheler nicht ein Teil der Natur, sondern Teil einer idealen Wirklichkeit. Gemäß Max Scheler sind wir in der ungefähr zehntausendjährigen Geschichte das erste Zeitalter, in dem wir völlig und restlos problematisch geworden sind. Ein Zeitalter, in dem der Mensch nicht mehr weiß, was er ist, zugleich aber auch weiß, dass er es nicht weiß.

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Bildquelle:

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